WEB DSC 0220Déja vu: Zwar nicht in Kommunal-Orange, aber in DEUTRANS-Farben kommt er auch manchen West-Menschen bekannt vor. Die LIAZ fuhren neben zahlreichen Volvos auch hin und wieder im Fernverkehr in das NSW-Ausland.
Fotos: Oldtimerreporter.Eichbaum


Schwere Lastkraftwagen? Damit hatte die einstige CSSR überhaupt kein Problem. Am bekanntesten sind gewiss die Tatras mit ihren markanten Pendelachsen, während die konventionell konstruierten LIAZ eher ein Schneewittchen-Dasein fristen. Einen 706 MT der Škoda-Tochter hat Fuhrunternehmer Burkhard wachgeküsst.
„Meine Ururgroßeltern haben das Unternehmen 1861 als Kanalschifffahrt gegründet, Hauptaufgabe war der Transport von Ziegeln“, erzählt Burkhard. In Birkenwerder gab es vier Ziegeleien, die ihre Erzeugnisse nach Berlin verschiffen ließen. 1908 stellten die Ziegeleien ihre Produktion absatzbedingt nahezu ein, der Versand erfolgte jetzt vom Güterbahnhof seines Heimatortes. „Also wurde der Lastkahn verkauft, Pferde angeschafft und ab 1908 auf der Straße gefahren. Die Tiere wichen bald Zugmaschinen, ich bin mit dem motorisierten Schwerlastverkehr groß geworden. Einige ältere Fahrzeuge standen immer auf dem Hof, man hat ja nichts einfach so weggeworfen, höchstens gegen etwas besseres ausgetauscht. Ich baute später das Geschäft aus, schaffte mir zum Spaß zwei Vorkriegs-Mercedes L 4500 S an und restaurierte den elterlichen IFA H6 Kipper.“ Wenn...

...Burkhard aber mit seinen gleichgesinnten Freunden im Sand spielen ging, fuhr sich der Benz genau wie der Brandenburger immer leicht in der Grube fest – das war ja kein Zustand! Da musste also was mit Allradantrieb her, und der Unternehmer erinnerte sich an einen entsprechenden Škoda-LIAZ, der damals im Winterdienst der Birkenwerderschen Autobahnmeisterei unterwegs war. Nach langer Suche, die viel Schrott zu Mondpreisen zu Tage brachte, fand sich im Jahr 2012 schließlich ein vielversprechendes Exemplar in einem Prager Plattenbaugebiet.

WEB DSC 0239„Der Dreiseitenkipper vom Typ 706 MT SP25 war zuvor bei der dortigen Straßenmeisterei gelaufen und daher recht gut in Schuss. Der Allradler kam mit Schneeräumschild und Streuaufsatz, wobei die Hydraulikpumpe für den Schild nicht von einem Nebenantrieb, sondern über einen kleineren Elektromotor ähnlich eines Anlassers betrieben wird. Das langt für die paar Bewegungen mit dem Schild, wohingegen die Kipphydraulik von einer klassischen, am Getriebe angeflanschten Hydraulikpumpe betrieben wird. Allerdings waren die Bordwände durch den Winterdienst all hinüber, und ein bisschen Rost war auch zu beklagen.“ Aber alles nichts wildes, und der Brandenburger brachte den 18-Tonner mit Ausfuhrbescheinigung in dessen neue Heimat. Dort punktete die solide Substanz des gegenüber dem 706 MT SP24 mit verstärktem Rahmen versehenen SP25 abermals, denn wenn auch sämtliche Leitungen für Luft und Bremse sowie der Kessel neu kamen, erwiesen sich die Bremsen nach einem Blick ins Innere genau wie der Motor als einwandfrei.

Speziell letzteres war sehr erfreulich, denn der 11,94 l große Direkteinspritzer des 706 MT ist über die verschachtelten Klappen im Fahrerhaus schon für den Service schlecht zu erreichen und muss für größere Arbeiten durch die Frontpartie herausgezogen werden. Das war beim Vorgänger 706 RT nicht anders, den der MT als Lückenbüßer beerben sollte, bis der erheblich modernere LIAZ 100 komplett serienreif fertig war. So erhielt der MT Rahmen, Kabine und anfangs auch die Trilex-Räder des alten RT, von dem er sich optisch primär durch den verdeckten Kühlwassereinlass abhebt; Motor, Getriebe und Achsen stammten vom künftigen 100. Doch Parteiplan und Realität drifteten weit auseinander, sodass der RT von 1958 bis 1985 und der MT zwischen 1966 und 1988 gebaut wurden. Damit endete nach 49 Jahren auch Škodas Tradition der insgesamt vier 706-Generationen, deren erste beide Ziffern die – anfangs noch zutreffende – Tragfähigkeit in Doppelzentnern angaben, die letzte Ziffer die Zylinderzahl. Der LIAZ 100 lief denn zwar schließlich ab 1974 vom Band, erreichte lange Zeit aber nicht die gewünschten Stückzahlen; daher auch die lange RT- und MT-Produktion.

WEB DSC 0230Wenn auch der direkt über der Achse sitzende Fahrer nur wenig Fahrkomfort erfährt, so erleichtern ihm die hydraulische Spindel-Servolenkung und die Einscheibentrockenkupplung mit hydropneumatischer Unterstützung bei der Verwaltung der 810 Nm über das synchronisierte Fünfgang-Getriebe ein Stück weit die Arbeit. Der 210-PS-Sauger sei dank des großzügigen Hubraums recht bissig, versichert Burkhard, die 8,5 Tonnen Zuladung machten ihm überhaupt nichts. Auch einen zusätzlich mitgeschleppten 12-Tonnen-Anhänger verkrafte der Tscheche bestens. „Mehr muss auch nicht sein, ganz ohne Fracht macht es aber keinen Spaß. Denn während der LIAZ sich beladen gut fährt, unbeladen hoppelt er wie ein Zickenbock.“ Da macht Burkhard aus der Not eine Tugend: „Ab und an, und nur wenn das Wetter schön ist, liefere ich mal eine Fuhre Sand oder Kies zum Kunden. So komme ich zu meinem Vergnügen und der Adressat auch, falls er sich für Oldtimer begeistert.“