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WEB r16 5Mitte der Sechziger hypermodern mit Variabilität und Technik und ein Schock für die bräsige Konkurrenz.
Foto: Renault


Ziemlich genau 60 Jahre ist es her, dass Renault mit dem Bau des Renault 16 im Januar 1965 begann. Mit seinem Frontantrieb, Variabilität mit Heckklappe und dem praktischen Innenraum war er nach der DS von Citroen der zweite heftige Schock aus Frankreich für die deutsche Autoindustrie, die technologisch noch nicht viel weiter war als Vorkriegsniveau…
Zum Sechzigjährigen haben wir aus unserem Archiv eine Liebhabergeschichte von unserem Autor Hajo Obuchoff gehoben, die bisher noch nicht im Netz veröffentlicht war. Viel Spaß!


Es war Zufall, dass Manfred Maier 1974 als erstes Auto einen Renault kaufte. Es war ein R 4, den ihm sein Lehrgeselle anbot. Der Wagen kostete 1800 DM, das waren damals etwa zwei Monatslöhne. Maier war noch in der Ausbildung als Installateur für Gas, Wasser und Heizung und der kleine Renault war ein zuverlässiger Gefährte für den jungen Mann, der damals noch in Neukölln zu Hause war.

Umso ärgerlicher, dass ihm gleich dreimal unverschuldet andere Wagen ins Hinterteil fuhren und das stets kurz nachdem alles repariert war. Sein Beruf hatte natürlich sein Auge für korrosionsanfällige Stellen auch am Autoblech geschult. Bevor er seinen Unglückswagen nach 1976 verkaufte, hatte er ihn vorsorglich konserviert. Er hatte seine eigene Mischung dafür entwickelt. Kaltkleber, ein Bitumen für die Dachabdichtung, vermischte er mit Motoröl, so dass die Masse streichfähig wurde. Alle brisanten Stellen strich er mit der fast schwarzen Mischung ein, geschlossene Hohlräume wurden aufgebohrt, mit Öl gefüllt und wieder verschlossen.
Der nächste Wagen war ein R 16. "Eigentlich wollte ich wieder einen R 4 haben", erzählt Maier. "Aber dann sah ich diesen wunderschönen, modernen und ungewöhnlich geformten drei Jahre alten R 16. Ich liebe außergewöhnliche, wenig verwechselbare Autos."


Nobel, nobel... der dunkelblaue Renault 16 TL kommt mit den nachgerüsteten Dunlop-Felgen richtig elegant rüber. Manfred Maier darf zu Recht stolz auf sein Schmuckstück sein.
Foto: Oldtimerreporter.Obuchoff


Der hatte natürlich schon einen Preis in einer anderen Liga: 7000 Deutsche Mark. Manfred Maier nahm einen Kredit. Und das Erste, was er mit der Neuerwerbung machte: „Ich zerlegte die wichtigsten Karosserieteile und schmierte sie mit meiner Spezialmischung ein.“ Das dauerte seine Zeit, aber die Angst vor dem Rost ließ ihm keine Wahl. Überhaupt behandelte der inzwischen zum ausgesprochenen Reanult-Fan gereifte Oldtimerfreund seinen R 16 wie ein rohes Ei. "Meine Kinder mussten, bevor sie sich ins Auto setzten, ihre Schuhe ausziehen. Die wurden in den Kofferraum gestellt. Kekse oder gar Eis essen war streng verboten. Dafür legten wir eben unterwegs extra Pausen ein", erzählt der Renault-Freak. Im Laufe der Zeit beschaffte er eine ganze Reihe weiterer Renaults. Zeitweilig hatte er noch einen R 4 Automatik, zwei Kasten-R 4 - F4 und F6, die er" aber alle weiterverkaufte. Beruflich benutzte
er einen Renault Rapid bevor er sich einen Traffic und zwei Kangoos anschaffte. In seinem privaten Besitz befinden sich noch ein R 12 TR und ein wunderschöner Renault Floride und das technisch aufwendigstes Auto - ein Renault 25 V6.
"Ich mag aber eher die Wagen ohne großen Schnickschnack", meint Maier.WEB r16 4


Pimp your Renault! Mit Teilen wie diesem "Sportlenkrad" nicht nur kein Problem, sondern auch stilsicher.
Foto: Oldtimerreporter.Obuchoff


Er möchte möglichst alle Reparaturen selbst machen können. Diese Einstellung kommt aus seinen nicht immer guten Erfahrungen mit Werkstätten. Höhepunkt war die Reparatur an dem Getriebe seines R 16. Als er 1978 mit ihm nach Mallorca und zurück gefahren war, merkte er in Frankreich, dass er Getriebeöl verlor. Er behalf sich erst einmal mit Nachfüllen etwas dickeren Öls. Zurück in Berlin brachte er den Wagen in eine Renault-Werkstatt. Dort wurde
gewerkelt, indes der Mangel blieb. Dann setzten sie ein neues Getriebe ein. Auch dies war nicht in Ordnung. "Damals hatten die Renault-Werkstätten in Deutschland keinen guten Ruf', sagt Maier. Nicht einmal mit Hilfe eines Rechtsanwaltes konnte er die Sache bereinigen. Da habe ich selbst ein Getriebe gekauft und, eingebaut. Das war das erste Mal, dass ich mich so intensiv mit einem Auto befasst habe", erzählt er. "Vielleicht bin ich auch zu pingelig", sagt er. "Aber seitdem mache ich alles selbst. Ich habe auch ein richtiges Ersatzteil-Lager."
All das ist wohl auch der Grund, warum alle erwachsenen Mitglieder seiner Familie Renaults fahren. Bei Problemen kann der Senior immer helfen.
Seit der einstige Neuköllner 1993 in Biesdorf ein altes Haus mit Garten und kaufte
und sanierte gibt es auch mehr Platz für die Schrauberei. Trotzdem reicht sein Grundstück nicht zur Unterbringung aller seiner mobilen Sammelstücke. Sie sind auf weitere Garagen in Biesdorf und in Kreuzberg verteilt. "Ich wechsele aber im Alltag immer mal wieder das Auto. Die müssen ja bewegt werden." Denn: Wer rastet, der rostet. Und Rost ist eben doch die größte Angst des Schraubers. © 2018